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2021:
SCHÄUMENDE
TAGE

Seit dem 1. Januar 2016 führe ich ein öffentliches Tagebuch, das in jedem Jahr unter einem wechselnden Titel erscheint. In diesem Jahr lautet das Motto «Schäumende Tage». Tagebucheinträge aus den vorangegangenen Jahren sind archiviert bei waahr.de

30.11.

Es schneit.

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28.11.

Pünktlich zum Ersten Advent ist heute der erste kalte Tag in diesem Winter angebrochen. Das Barometer zeigt 1050 Hektopascal an, doch die Sonne scheint aus nacktem Himmel und das Telefon prophezeit, dass es den ganzen lieben Tag lang auch so bleiben soll.

Nicht gerade schmerzhaft, aber — Etwas Wehmut spüre ich schon, weil mir beim Schauen durch die Fensterscheibe wieder eingefallen ist, was einen Wintersonnentag von einem Tag mit Sonnenschein und davon angestrahltem Himmelsblau im Sommer oder Frühling unterscheidet: Der Tag will Anblick bleiben. Es ist kalt, 2 Grad hat es dort auf der anderen Seite der Scheibe. Man hält mir den Wetterling hoch aber lädt mich nicht ein.

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26.11.

Vor 365 Tagen habe ich den Newsletter aus der Redaktion des Merriam Webster abonniert: Seitdem schicken sie mir jeden Tag ein Wort des Tages samt dem dazugehörigen Eintrag in die Enzyklopädie. Das Wort des Tages heißt heute maître d‘.

Ich könnte es mir sogar vorlesen lassen, um die korrekte Aussprache meines täglichen Wortes zu lernen. Das machen ja jetzt immer mehr Leute, dass sie sich alles vorlesen lassen. Neulich erst meinte Hartmut zu mir, welches Hörbuch ich ihm empfehlen könnte für die Fahrt auf der Autobahn, er hätte da derzeit den Ulrich, Mann Ohne Eigenschaften, im Autoradio, dazu sei er aber schon zweimal beinahe weggedöst…

Die Stimme des Mannes aber, der mir das Word Of The Day vorliest ist angenehm, möglicherweise wurde ihre Geschlechtsfärbung künstlich erzeugt? Das glatte Gegenteil jedenfalls zu der fürchterlichsten Stimme Ohne Gesicht, die ich kenne: Den englischsprachigen Ansager der Covid-Warndurchsage in den Berliner S-Bahnen. Bei dem Menschen hinter diesem Sound will ich gar nicht wissen, ob er tatsächlich Polypen hat oder ob es vielleicht doch bloß an den Lautsprechern liegt. Sein affektiertes Englisch klingt jedenfalls grauenvoll und vermutlich hat der Bürgermeister Michael Müller selbst diese Stimme noch ausgesucht.

Gestern jedenfalls, da war die Entdeckung der neuartigen Virusvariante aus dem Süden Afrikas noch nicht verkündet, da fuhr ich in einem Waggon mit, dessen Lautsprecheranlage defekt war: Wie durch ein mit Butterbrotpapier bespanntes Gefäß voller sehr hungriger Fliegen vernahm ich aus weiter Ferne das «protection against infection» des näselnden Briten.

Oder wie es bei den Kongos, den BeeGees Jamaikas heißt: You keep on knockin‘ but you can’t come in

Made my day. «Most definetly».

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25.11.

Die sogenannte Ampel und Anzeigesysteme in Wirklichkeit: Zu den ganzen Geräten, die beständig aufgeladen werden wollen, muss ich mich fortan um die Kapazität meines Impfschutzes kümmern.

Der Tagesspiegel hatte gestern ein Tool veröffentlicht, da gibt man seinen Impfstoffhersteller ein, sein Sternzeichen und das Datum der letzten Impfung, und dann steht dort abzulesen, inwieweit noch Impfschutz besteht. In Prozent. Wie von den Akkuladungen gewohnt.

Ich habe keine Ahnung, ob das realistische Werte sind, oder bloß ein Gimmick, um die Informationsmarke des Holtzbrinck-Konzerns aufzuladen mit dieser publikumswirksamen Aktion.

Freeman Dyson, jetzt freilich schon tot und damit, unter Energiespeichern gesprochen: alle, hatte halt Recht mit seiner Antwort auf die Edge-Umfrage — lange ist’s her — was unser Leben noch einmal richtig verändern wird:

«A really good battery.»

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23.11.

Zwischentage/ In Between Days: Tage, in denen viel passiert, ich mich trotzdem, wie zum Trotz, kraftlos fühle.

Der Mond ist voll und ungewöhnlich groß geraten. Ein Licht am Himmel.

Wann immer ich aufwache, ist es noch an.

Der Mond singt «Geh’t heut‘ Nacht nicht ‚raus/ Bleibt lieber zuhaus’»

Ein böser Mond/ A Head On The Door

Kein Traum.

Gestern ist mir, durch einen Tippfehler, eine Zeile von beinahe literarischer Qualität gelungen. Ich habe es erst sehr viel später bemerkt, dass durch den Tippfehler aus einem Sie am Satzanfang eine Sue entstanden war, die dort in ihrem Lodenmantel auf dem Trottoir vor dem italienischen Restaurant saß und ihre Gabel in ein dampfende Knäuel Tagliatelle schraubte, deren sahnige Soße mit nur wenigen Spänen vom Sommertrüffel garniert worden war. Und eigentlich sollte sue in die Ferne schauen, träumerisch. Jetzt saß dort Sue.

Weiterhin hatte es sieben Grad.

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