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2022:
SCHÄUMENDE
TAGE

Seit dem 1. Januar 2016 führe ich ein öffentliches Tagebuch, das in jedem Jahr unter einem wechselnden Titel erscheint. In diesem Jahr lautet das Motto «Schäumende Tage». Tagebucheinträge aus den vorangegangenen Jahren sind archiviert bei waahr.de

7.12.

Das schönste Geschenk zum Picolaus war ein Band sämtlicher Ausgaben der F.A.Z. aus dem Monat meiner Geburt (man bindet sie im entfalteten Zustand, dadurch gerät der Band freilich recht groß, beinahe unhandlich).

Die Lust darin zu blättern scheint mir unaufhörlich — obgleich ich nicht behaupten könnte, ihn gern zur Hand zu nehmen, da dies Gerät dafür «nicht zuhanden genug» (Heidegger)& s.o.

Wie gut die Seiten damals noch ausschauen durften! Maßgeblich wirkten daran auch die Anzeigen mit — vergessene Produkte, ganze Welten darunter, die einst sich bestimmend ausgewirkt haben. Einige davon gibt es heute noch.

Ein im Jahr 1971 erfolgreicher Hochspringer wird interviewt, im sogenannten Beweisbild (Schwarzweiß) ragt ihm eine glimmende Zigarette aus den Lippen. Ich lege die von ihrem Format her beinahe gleich dimensionierte Ausgabe von heute daneben: Der Bundeskanzler, in Farbe, auf seinem Staatsbesuch in Albanien. Man muss ihm zugute halten, dass der Präsident Albaniens über zwei Meter misst. Aber da ist noch etwas anderes als die schiere Größe. Olaf Scholz scheint mir zierlich im Vergleich. Zu dünn gefeilt, wie es im Missingschen heißt.

Ich beginne mit der Lektüre seines Essays über die deutsche Außenpolitik, den er in air droppe mir den Link auf den Bildschirm des iPads, wo meinen Augen mehr Freiheit gewährt wird, umher zu schweifen.

Neulich erzählte mir jemand, dass die Zeilenbewegung der Augäpfel beim Lesen den Darm stimulieren kann?

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6.12.

Wenn man in der Nacht um 3 Uhr 12 präzise aufwacht und diese Situation geht nahtlos über, mündet in eine Plauderei der herrlichsten Art, liegt man richtig.

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5.12.

Verwegene Idee: Vielleicht sind mir die Teenager gerade so fremd geworden, weil ich glaube, dass ich sie verstehen können müsste (aufgrund der vorgeblichen Verbundenheit).

Vielleicht habe ich mich gerade deshalb so von ihnen entfremdet — ziehen sie sich deswegen vor mir in diesen wattwurmhaften Verständnisröhren zurück?

Habe eine Zuneigung zum Œuvre von Matt Valentine entwickelt, die ich als fatal empfinde (aber nur halb)

Sein Selbstbewusstsein «The next song was recorded on Heroin» — aber, gut: Es klingt halt auch dementsprechend.

Wahrscheinlich erinnert man sich hier in der Stadt auch eines Tages an die psychopharmakalischen Jahre. Allzu viele werden es dann wohl nicht gewesen sein.

Anji- Variations: Wie viele Tage, Nachmittage und Abende ich wohl damit verbracht haben werde, dieses kleine Stück zu meistern!

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1.12.

Gestern spät abends die Lektüre des Tagebuchs von Brian Eno beendet — Was er mit der Niederschrift nur eines seiner Jahre erreicht hat, dafür brauchte ich bislang sieben

and counting…

Selten war ich so wehmütig, als ein Text sein Ende erreicht hatte. Wie seine Musik — eine Landschaft: einladend und endlos— aus der ich nun vertrieben ward.

Und reichhaltigst: Durch seine Einträge aus dem Dezember 1995 ist mir erst klar geworden, dass sich vieles, aus dem das sogenannte Internet heute besteht — also funktional und wie es gestaltet wurde —, dem kurzen Seitenweg der CD-Rom verdankt. Zumindest auf den Managing Floors hat dieses seltsam unhandliche Medium doch ein Bewusstsein geprägt, wozu das alles gut sein könnte.

Und selbst am Rande, beim Tümpel, wie Rainald es ausdrücken würde (vielleicht), klärt Eno noch essenzielle Fragen: Ich hatte mich immer gefragt, warum unterscheidliche Sorten alkoholischer Getränke unterschiedlich empfundene Räusche verursachen können. Set and Setting ist das eine, aber es schien mir auch ein unterschiedliches Vermögen in der Substanz selbst.

Bei Eno wiederum hat es dann gen Ende hin eine Liste, in der er diverse Rebsorten und Böden nach ihrer Wirkungsweise kategorisiert: «Von Weinen aus dem Friaul bekommt man sehr warme Füße» et cetera.

On a heavier note: Das neue Update für das Betriebssystem des iPads ist da und abermals vollbringt es neue Wunder!

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