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7.5.

7.5.

Die neuerliche Faszination für sich selbst überlassene Räume kommt nicht von ungefähr. Im Laufe des vergangenen Jahres hat vermutlich jeder irgendwann sich wiedergefunden an einem dieser für gewöhnlich viel zu weit, viel zu leer auch, insgesamt also überdimensioniert für den alleinsamen Besucher und somit viel zu spannungslos, ja geradezu müd empfundenen Orte: Verlassene Einkaufszentren. Terminalgebäude. Turn- und Messehallen. Sämtliche Hallen, in denen es hallte (wie sonst bloß in Kirchen). Oder, wie ich gestern: den Parkplatz eines Garten-Bau-Marktes am Rande der Stadt.

Ich verbrachte mehr Zeit als sonst in diesem Liminal Space par excellence. Sowieso Parkplätze: für mich sind es Schleusen, da ich kein Auto mein eigen nennen kann. Aber der Zutritt zu den Hallen des Garten-Bau-Marktes wird derzeit nur gewährt gegen Vorweis eines aktuellen Testzertifikates. Der Test selbst ist unentgeltlich, er wird in einem Zelt durchgeführt, das vor der stolzen Kulisse der Markthallen winzig wirkt. Und zerbrechlich. Als Provisorium, das es ja ist.

Die Wartezeit auf das Testergebnis, mit dem zusammen mir auch das benötigte Zertifikat ausgehändigt wurde, betrug 20 Minuten. Das ist reichlich Zeit, wenn sie in einem Liminal Space verbracht werden soll. Gleich neben dem Zelt waren vor langer Zeit, Jahre waren es mindestens, die aus Kunststoff, vielleicht auch Fiberglas tiefgezogene Form eines Swimming Pools für sechs Personen aufgestellt. Senkrecht ragte sie in den Himmel. Dahinter die Markthallen. Die Konstellation erinnerte mich an einen Ort am Fuße der provenzalischen Alpen, an Sophia Antopolis. Die Uferautobahn biegt dort, von Nizza kommend, ab ins Hinterland und am Ausläufer eines dieser kleinen Straßendörfer dort, die in ihren Gewerbegebieten immer etwas wahllos, auch müllig zusammengewürfelt erscheinen, gibt es einen Großhandel für Pool-Bedarf, der präsentiert ein ähnliches Modell, in der selben Position; also stehend — allerdings auf einer gut sechs Meter hohen Stange montiert. Als Pool am Stiel.

Aus einer offenbar schon seit langem leerstehenden Halle (in Brandenburg wieder) drang Musik durch die winzige Kiemenklappe des Wals «Out on the road today

I saw a Deadhead sticker on a cadillac…»

Ein älterer Mann, der aus dieser Tür ins dunkle Innere der Halle gekommen war, hob nacheinander weiße Steinbrocken aus seiner Scheibtruhe und warf den Bauschutt einzeln in seinen Container. Mich störte der Rhythmus. Es gab nämlich keinen.

Später allein am Fluß entlang, bis es ein Flüsschen geworden war. Es gibt hier viele Nachtigallen, die um diese Zeit im Jahr noch alleine sind. Und singen. Wo ich am Delta einen metallisch blau lackierten Käfer fand, mit dem ich gerne eine Reise unternommen hätte. Womöglich ins Blaue? Wohin denn auch sonst.

Das Schreiben herrlich ist, weil man alles zugleich sein kann, oder «köstlich», wie Flaubert festgestellt hat, stimmt wohl. Mal ist man Parkplatz, dann wieder Wald.

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