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5.5.

5.5.

Schon der zweite Tag, an dem vor Sturmböen gewarnt wird. Beim Vorübergehen entbieten die Gerüste Gesang wie stählerne Harfenseiten. Auch zwischen den Sturmböen geschieht Wundersames, zum Beispiel ein doppelter Regenbogen, direkt hinter unserem Haus.

Scheinbar dort aus einem ansonsten unauffälligen Strauch entsprungen, der zweite Bogen eher sein Schatten, als Doppelgänger; dennoch bunt gefärbt und von daher ihm zugehörig. Das Phänomen nennt sich Alexanders dunkles Band, in der englischsprachigen Wikipedia wird vor der Verwechslungsgefahr mit Alexander’s Ragtime Band gewarnt. Beides wusste ich gestern noch nicht, im Angesichts des doppelten Regenbogen vor der nächsten Bö.

Auf dem Weg zum Rathaus Kreuzberg öffnete sich in einer Hecke eine Tür, wie eine Tapetentür im Film, und daraus trat ein Junge auf die Straße, sichtlich in ein Telefonat vertieft. Unwillkürlich beschäftigte ich mich mit der Frage, warum er mich nicht grüßt. Dies aber nur so lange, bis ich vor mir selbst aussprach, dass er «am Telefon» war. Und mir wenig später einfiel, dass mich Kinder doch sonst auch nicht grüßen. Selbst wenn sie nicht aus einer Heckentür ins Freie treten.

Auf dem Sender Warte TV, der die Clips für die Bildschirme in den Wartebereichen der Bürgerämter produziert, wurde gemeldet, dass Tinder mit einem Sommer der Liebe rechnet.

Die Beamtin, die meinen Antrag auf Eintrag ins Melderegister durchgeführt hat, bewahrt ihre Stempel in einer Dose aus maigrünem Kunststoff auf.

Mein Reisepass, ein Palimpsest.

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