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5.10.

5.10.

Ryszard Kapuscinski über die Ausrottung des Fragens im Imperium der Sowjets: «Jahrelang kannten Bürokratie und Polizei ein ausgeklügeltes System der Nachforschung und des Zuträgertums, das einer einzigen Frage nachspürte: Hat jemand Fragen gestellt? Was hat er gefragt? Nenne den Namen des Fragers!

In der Folge gab es im Imperium immer weniger Menschen, die Fragen stellten, und überhaupt immer weniger Fragen. Weil die Untersuchungsrichter, die sogenannten Über essentielle Fragen ), und sogar die Notwendigkeit überhaupt, nach etwas zu fragen. Alles stellte sich immer mehr so dar, wie es sein sollte. Es obsiegte die Wirklichkeit, die nicht in Frage gestellt, nicht angezweifelt werden durfte. Aus diesem Grund gab es dann auch keine Fragen mehr.

Doch eine Zivilisation, die keine Fragen stellt, die alle Unruhe, alle Kritik, alles Suchen — die ja in Fragen ihren Ausdruck finden — aus ihrem Gesichtskreis verbannt, ist eine Zivilisation, die stillsteht, gelähmt ist, sich nicht bewegt. Und genau das wollten die Menschen im Kreml, denn eine unbewegte, stumme Welt ist am leichtesten zu regieren.»

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