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27.10.

27.10.

Mittags mit Alexander in jenem koreanischen Restaurant an der Prinzenallee, von dem ich schon so viel gehört hatte: Beispielsweise dass es von einem älteren Paar betrieben wird; dass dort ausschließlich Mittagessen angeboten wird und es auch immer nur ein Menü gibt, das dafür alltäglich wechselt.

Wir saßen in dem einzigen Raum, der sich zur Straße hin offen zeigt, eine hohe Decke hat und mit nur wenigen, wie beiläufig zusammengestellten Möbeln eingerichtet ist, «schön leer». In einem schier endlosen Bücherregal drehte sich eine Schallplatte auf einem Plattenspieler, dem Plattenspieler von Technics. Die sogenannte Nadel hatte vielleicht schon vor Stunden die Auslaufrille erreicht.

Alles, auch das Aroma des herbstlichen Reisgerichts, die auf besondere Weise entkernten Apfelschnitze, die als Dessert gereicht wurden und dass sie mit Limettensaft eingepinselt worden waren, um sie vor ihrem Verbräunen zu bewahren, deutete auf die anstehende Gentrifizierung der Prinzenstraße hin. Im Nebenhaus residierte ja seit einigen Wochen schon die gläserne Manufaktur von Möbel Horzon.

Während wir aßen und währenddessen aus dem Hintergrund die Klaviermusik von der Schallplatte abgespielt wurde, erzählte ich Alexander von den Bildern Dietrich Orths, die ich in Frankfurt angeschaut hatte und er mir von einem Dokumantarfilm über die Sammlung Prinzhorn. Von außen betrachtet saßen wir in einem Klischee, waren womöglich sogar Teil davon.

Auf dem Nachhauseweg, es war ja beinahe noch frühlingshaft warm gewesen, kam ich an der schmalen Ladentüre vorbei, hinter der sich einst die Smaragd-Bar befunden hatte. Das war lange her und ich war nachdenklich geworden, wie lange sich mein Viertel noch würde halten lassen.

Aber kaum an der Breiten Straße angelangt, sah ich dort Henri Hübchen vor dem Café Rosenrot sitzen und wo Henri Hübchen sitzt, ist noch immer der Osten.

Und wohin ich mich auch wandte, wohin auch schaute, trieben Lindenblätter wie goldgelbe Flocken umher im Wind.

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