27.04.
Relaxing days im Hinterland von Nordhausen. Und mit Relaxing meine ich vor allem Fernsehen.
Höhepunkt gestern war eine Folge der sogenannten Geissens, die angeblich in einem Anwesen bei St. Tropez spielte, hätte aber genauso gut Dubai sein können oder Florida. Der Handlungsbogen war unter das Motto eines proppenvollen Tages gespannt. Arbeiter der verschiedensten Gewerke wurden damit beschäftigt, die liegengebliebenen Arbeiten auszuführen, die in solchen Ferienhäusern zwangsläufig entstehen durch die Abwesenheit der Hausherren. Also wurden Grünpfleger gezeigt, die auf Hebebühnen die Kronen der Palmen in Form sägten, Karosseriemechaniker, die Kotflügel ausbeulten und Galeriemitarbeiter, die in den Archiven verstaubende Skulpturen aufstellen sollten.
Interessant war der Kunstlehrer oder -coach, der mit einem Van choc full o‘ supplies an den Teich rollte, um dort die Töchter en plein air in Bildender Kunst zu unterweisen. Großformatige Leinwände, auf ähnliche Weise gespannt wie ich, sollten sie mit Lackfarben besprühen. Auf jeden Fall nach eigenem Geschmack, aber «interessant».
Für das Finish hatte der Coach zwei Rahmen für die Siebdruckvorrichtung mitgebracht. Gedruckt werden sollte das Motiv Marilyn. Eventuell handelte es sich sogar um Siebe aus dem Nachlass Warhols, die Information fiel der Schnittregie zum Opfer.
Mittlerweile hatte sich Vater Geissen eingemischt, der eigene Ideen zur Vollendung der Leinwände seiner Töchter hegte: das Siebdrucken fiel flach. Stattdessen wurden die Formate mit plattgetretenen Dosen des vom Vater vertriebenen Kollagenseltzers «Liquid Skull» beklebt. Daraufhin ließ der Vater noch einen Styroporschädel vom Grünpfleger halbieren, jede Tochter bekam eine Hälfte mittig in ihr Artpiece geklebt.
Leider folgte die Kamera dann diesen Stücken nicht mehr bis zur Hängung. Durch eine Art dramaturgischen Schicksalsschlag wandte sich das berichtende Auge nun abrupt vom Fokus der Künste hin zur Zauberei. Zwei Close-Up-Magier aus dem fernen Deutschland waren an der Geissenschen Tafel und ließen Banknoten erscheinen, verschwinden und wieder auftauchen.
An einer Wand in der hispanisch dekorierten Wohnküche hing eine in Öl gemalte Mickey Mouse, auf deren gelben Schuhen die Buchstabenfolge ROLEX zu entziffern war. Wesentlich anders wird es am Hofe Rudolfs II auch nicht zugegangen sein.