26.9.
Auf nach Suhl, auf in die Waffenstadt! Der Slogan am Pavillon des Fremdenverkehrsvereins lautet «Suhl trifft».
Seitdem ich vor ein paar Monaten die investigative Reportage zum neuen Sturmgewehr der Bundeswehr von Peter Carstens gelesen hatte, hegte ich nun schon diesen Wunsch das Städtchen zu besuchen, in dem die Standardwaffe beinahe produziert geworden wäre. Die Erzählungen von Erik über die Bürger von Suhl, die einst als Schildbürger der DDR berüchtigt waren, hatten ein Übriges getan, um den Wunsch nach meinem Suhlfahren größer zu machen. Gestern, am Vortage der großen Wahl war es nun endelijk endelijk soweit.
Wir kamen aus der Tiefe des Erfurter Beckens (Bohrer) und auf Anhieb gefiel es mir in Suhl vom Anblick her gut. Dass dort überall mit den Plakaten von Hans-Georg Maaßen tapeziert worden war (sogar in den Schaufenstern der Mohren-Apotheke am Diana-Platz) störte mich weniger, als die mangelnde Verfügbarkeit sehr guter Bratwürste, derentwegen ich u.a. die Reise nach Thüringen, ins «Grüne Herz Deutschlands» auf mich genommen hatte.
Visavis von Maaßens Abbild hatte es allerdings ein Gastmahl Des Meeres™ — eine Filiale, wenn nicht sogar die letzte, der legendären Fischschnellrestaurants der DDR. Und diese von Suhl sogar extrem gut erhalten, wenn nicht derestauriert: An einer der mit echtem Holz verschalten Wände hingen sämtliche Preise und Auszeichnungen des volkseigenen Gastronomieverbandes in Form des sogenannten Goldenen Fisches. Die fischförmigen Plaketten datierten durchgehend vom Jahr 1979 (die DDR hatte ihre Fischereirechte für die Ostsee im Vorjahr gegen Devisen verscherbelt) bis 1988. That’s urban archaeology!
Während wir unsere Fischsoljanka auslöffelten — die Suhler wurden in der Alten Zeit als Löffelschnitzer verhonepipelt — rezitierte ich das Lied vom Fisch Fasch und seinem weißen Arsch.
Draußen, vor dem Fenster blinzelte Maaßen durch seine Butzenscheiben.
Wie ich niemals würde müde werden zu erklären: Brecht hat immer recht.