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23.9.

23.9.

Beim Abendbrot erfahre ich, dass heute der Weltgebärdentag angesagt war. In der Landesschau wird eine Gebärdendolmetscherin gezeigt, die soll die neuesten Kürzel aus der Gestensprache für die drei Kanzlerkandidaten vorführen: Die Gebärde für Baerbock besteht aus einem zweifachen Scherenwedeln unterhalb des Ohrläppchens «weil Frau Baerbock häufig lange Ohrringe trägt». Für «Scholz» wird dessen imaginierter Mönchsschädel mit geschlossen gehaltenen Scherenfingern andeutungsschwängernd umkreist.

Dabei fiel mir freilich meine Bettlektüre ein, in der Massimo Montanari vom Schweigegelübde der Benediktiner erzählt hatte. Die hatten, um schweigend trotzdem miteinander in Geselligkeit tafeln zu können, einen ausufernden Katalog von Gesten und Gebärden erfunden, mit deren Hilfe sie in aller Stille lebhaft sich über die Natur und die Qualität ihrer aufgetragenen Köstlichkeiten unterhalten konnten.

Akustische Maultaschen, gewissermaßen.

Wir wissen heute, schreibt Montanari, weitaus mehr von der Lebenswelt der Benediktiner aus diesem Katalog ihrer Gesten als von ihren übrigen Aufzeichnungen.

Die Gebärdendolmetscherin in der Landesschau betonte übrigens, dass die sogenannte Raute der scheidenden Frau Merkel in Gehörlosenkreisen als Gebärde verpönt sei, denn dort stünde sie halt für «die Vulva».

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