22.2.
Die F.A.Z. hat heute im Feuilleton einen Text mit der Überschrift «Die Mauer in den Bäuchen» — sagt mit Friederike, beziehungsweise hat sie mir den Artikel ausgeschnitten und auf dem Schreibtisch hinterlassen, um es mir auf diesem Wege auszurichten.
Diese Mauer existiert gewiß. Sie hat, wie alle Mauern, auch zwei Seiten. Als wir am Wochenende auf der anderen Seite waren, gab es dort in dieser kleinen Ortschaft einen neuen Imbiss. Betrieben wird er von einem Auswanderer Nordmazedoniens, den Bojko Borrisow «der guten Ordnung halber» als einen seiner Westbulgaren bezeichnen würde. Umso weniger erstaunlich also, dass dieser Einwanderer ins Hinterland von Nordhausen seinen Döner nicht etwa als Gyros anpreist, sondern auf die Schaufensterscheibe des ehemaligen «Stöberstübchens» den seltsam scheinpräzise tönenden Begriff Drehspieß appliziert hat.
Bei Durchsicht seiner Speisekarte häutet sich deren Zwiebel dergestalt, dass er sich bei deren Abfassung wohl von einem im Ostdeutschen sattelfesten Zeitgenossen beraten ließ: So werden unter anderem auch diverse «Roller» aufgeführt, womit die landläufig als Dürum bestellten Fladenbrote gemeint sein werden. Beim sogenannten Würzfleisch-Roller (auf Wunsch auch mit Drehspiess) wähnt man sich im östlichen Kannitverstan.
Aber hüben wie drüben endlich wieder Baumschatten an den Wänden der Häuser. Amselstimmen läuten den Abend ein.