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16.2.

16.2.

Sonniger Tag, der Taunus lässt sich wieder sehen. Noch vor dem Sonnenaufgang drangen ungewohnte Geräusche von der Straße herauf. Es stellte sich heraus, dass vor dem Haus schräg gegenüber ein Kran aufgebaut wurde. Vorfreude: Ich beziehe ein unvergleichliches Wohlgefühl vom Anblick schwebend durch die Luft transportierter Dinge. Es muss gar keine Statue von Jesus sein.

Es handelte sich um Balkons aus feuerverzinkten Bauteilen, die der Kranführer federleicht vor dem blauen Himmel einschweben ließ, um sie hinter dem Dachfirst des Hauses zum Verschwinden zu bringen. Ab und an wurde dort an der Fassade ein Fenster geöffnet oder zumindest ein Vorhang zur Seite gezerrt, um den Blick freizumachen auf das geschehen dort unten auf der Straße zwischen denen und mir. Das Majestätische des Gesamtbildes bekamen sie natürlich nicht zu Gesicht. Darin waren sie inbegriffen

Seltsamerweise verspürte ich den Drang, dazu das Album Filigree & Shadow zu hören, was ich seit bestimmt 25 Jahren nicht mehr getan hatte; weder mit, noch ohne den Blick auf schwebend am Haken durch die Luft transportierte Dinge.

Diese Synästhesie brachte mir erst den Genuß in Vollendung. Dieses Album — zumindest seine erste Seite, also wo damals, als ich es auf Vinyl besaß, die erste Seite der ersten Schallplatte zuende gewesen war — hatte anscheinend all die Jahre und Jahrzehnte abrufbereit in mir gewartet auf diesen Moment, da es sich, zeitgleich zum Hörerlebnis, als emotionale Aufzeichnung in Gang setzen lassen würde.

Nach dem Mittagessen war alles vorüber, der Kran wieder abgeräumt, die Straße wie an jedem anderen Nachmittag.

Ein Nachteil des schöneren Wetters: mein kleiner Prinz lässt sich kaum mehr blicken. Treulos? nein, er kommt dann ohne mich zurecht.

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