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13.11.

13.11.

Inzwischen war ich selbst nach Zürich gebracht worden.

Wie in jedem Jahr wurde Bedas Geburtstag gefeiert, an einem Tag im Jahr sieht man sich hier wieder. Und nur ganz dünn, unaufdringlich läßt sich dahinter noch der Zeitfilm blicken. Als ich in Begleitung von Olivier dort auf dem Vorplatz eintraf, stockte draußen auf der Langstraße mit einem Mal der Verkehr, dem ein Zug von Banner tragenden Demonstranten entgegen getreten war. Die Banner selbst — quadratisch, aus einem dünnen Stoff, vermutlich war es sogar Seide —, hatten ein identisch strenges grafisches Muster in Rot, sodass dieser Aufmarsch wie von Hermès ausgestattet auf mich wirkte.

Dann fingen die gegen das sogenannte Dumping, den «Stundenklau» protestierenden Arbeiter an Bella Ciao zu singen. Und sämtliche Autos schwiegen still. Währenddessen waren schon weitere Gäste eingetroffen, bald wanderte die Aufmerksamkeit anderswo hin.

Auch wenn man sich einmal im Jahr nur sieht zu einer fixen Gelegenheit, kommt man sich allmählich doch immer näher.

Anderntags wanderte ich weit nach Seefeld hinaus, wo Lorenzo mich in seiner Galerie empfing, durch deren Fenster man einen eindrucksvollen Blick bekommen kann auf den See. Beinahe noch beindruckender fand ich das Klingelschild an der Tür. Auf dem Stand nämlich Rothschild. Aber nicht, weil er selbst so heißt, sondern weil in diesen Räumen mit dem unverbaubaren Seeblick zuvor ein Rechenzentrum untergebracht war von eben jener Bank mit diesem Namen. Und zwar für den Sektor «High Frequency Trading».

Irgendwie auch ergreifend, diese Vorstellung, dass die Server dort jahrelang standen und hochfrequent vor sich hinj rechneten, Milliarden erzeugend, Fantastrilliarden sogar eventuell, ohne auch nur ein einziges Mal die Aussicht auf den See wahrgenommen zu haben. Mangels Rezeptoren.

Danach Soundbad in der Installation von Romane Chabrol: Man liegt dort allein auf einer Tatami-Matte vor einer High-End-Anlage und läßt sich anwehen und durchspülen. Ganz starkes Erlebnis. Wie jener Ausflug auf den kärgsten aller kargen Gipfel damals im Engadin.

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