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11.1.

11.1.

Leben ohne Zeitungen, aufhören damit: Würde es überhaupt möglich sein? Ein erstes ihrer Probleme scheint mir darin zu bestehen, dass Zeitungen selbst ein Ende haben. Beziehungsweise: haben Bücher keins (in dieser Art; die Erzählung in Büchern weist über sich hinaus, ja, ihre Erzählweise selbst will über sämtliche Ufer treten). Eine Zeitung ist wie ein Menü, manchmal steige ich schon nach dem Küchengruß aus, ein Buch ist für mich wie eine Schale (Schüssel, oder Platte) von vielen, andersartig befüllten auf einem Büffet. Bücher — bedeuten nicht bloß, sie — sind Lesen á discrétion. All you can read.

Wenn ich in der Zeitung lese, habe ich selten Lust, von ihren Seiten aus auf die eines Buches überzugehen und wenn, dann kehre ich so gut wie niemals wieder zur Zeitung zurück. Die Zeitung erzählt von einem bestimmten Punkt des Zeitempfindens aus, das Buch ist dieser Zeit enthoben. Von Buch zu Buch wechselnd hingegen, kommt mir der Vorgang des Lesens natürlich vor. Als ob da ein Pfad von Natur aus angelegt wäre. Die Zeitung gehört nicht in diese Natur. Sie ist anderswo erschienen (man spricht oder sprach von einer Zeitungslandschaft). So gesehen ist Zeitungslesen mein Walking on the Moon.

Abschweifungen ins Internet empfinde ich mittlerweile gar nicht mehr als solche — so lange ich sie vom Buch aus unternehme. Lese ich von der Zeitung aus kommend im Internet etwas nach, führt das von dort aus regelmäßig in die Bücher (um abzuklingen) oder, im günstigsten Fall, in einen Text, an dem ich schreibe. Aber die Zeitung wird kalt in dem Moment, da ich sie aus der Hand lege. Sie erstarrt zu der bleiernen Wüste, die sie einst war; damals, als noch mit Blei gesetzt wurde (und später dann mit Licht!)

Internet pulsiert im Stand-by. Selbst wenn ich nicht angeschlossen bin, sind da noch Milliarden anderer Leser, die es mit Aufmerksamkeit laden. Internet verkörpert die Allgegenwart des Lesens, die Allgegenwart des Textes. Die Summe und die Mannigfaltigkeit alles Lesbaren (für Menschen wie für Maschinen).

Texte in Büchern mit Texten im Internet befriedigen meine Leselust giocoso wie die Rezepte der postmodernen Cuisine, die Kenny Shopsin erfunden hat: «I took an icecream scoop and I put pulled pork and cole slaw in it and called it ‹Barbeque Banana Split›. It’s almost like putting your dick in the wrong hole. There’s a thrill to it. There’s friction that occurs to me when you’re putting an ingredient into an improper dish. That’s the base of fusion cooking: that sexual friction that occurs when you’re putting the wrong food in the wrong place. Sometimes it works. But not always.»

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