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03.07.

03.07.

In der Zeitung heute eine jener seltenen Sternstunden, die ein Abonnement rechtfertigen können für mich: Der Dalai Lama fühlt wohl seine Zeit, wie es heißt: gekommen. In den Worten seiner Anhänger, den Lamas, sieht er sich bereit zur Inkarnation in einem Künftigen. Eventuell entscheidet er sich noch für die ebenfalls mögliche Variante der Emanation zu Lebzeiten. In den dieses Verfahren erklärenden Zeilen schwingt mit, dass so mancher diese seltene Form bevorzugte, da sie die Suche nach dem Kind, in dem sich der nächste Dalai Lama inkarniert finden ließe, erspart.

Diese Suche aber nach dem aktuell Verkörperten wird in diesem Text auf eine Weise beschrieben, für die Goethe noch das Wort artig hatte. Das Haus im Irgendwo Tibets, in dem das Kind zu finden sein würde, war einem ranghohen Lama im Traume erschienen. Auf der Wanderung des Suchtrupps über Land erkannte er es dann wieder. An der Knorrigkeit eines Wacholders, von dem das Dach des Heims beschattet wurde.

Im Inneren dann viele Kinder. Die Mönche wenden Listen an, ein Rätselspiel, um das Rechte unter ihnen herauszufinden. Beinahe unnötig, wie es sich bald herausstellen sollte. Das Goldene Kind spricht die Mönche von sich aus an und weiß den Namen ihres Klosters, den sie bis dato nicht in den Raum gestellt.

Thomas Pynchon hat mal irgendwo das Wunder definiert als eine Kollision zweier Sphären. Mich kann es nur wundern, wenn ich die Erzählung von dieser artigen Nachfolgerschaft, geleitet von Traumgeschehen, Eingebungen und Offenbarungen, lese. Selbst das Konzil mit seinem Kanonenofen ist davon noch mindestens eine Welt weit entfernt.

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