17.01.
Durch Verzögerungen im Betriebsablauf bei VietAir landet die Nachmittagsmaschine erst nach Einbruch der Dunkelheit in Chiang Mai. In der Tasche meines Sitzplatzes steckte noch das Weihnachtsmenü. Die Stadt selbst zeigt sich in meinen Augen kaum verändert, seitdem ich vor fünfzehn Jahren zum letzten Mal hier gewesen war.
Auch das Hotel wirkt wie aus meinem Gedächtnis errichtet. Als die Sonne aufgeht, beginnt das Dach eines Tempels, das vor dem Balkon aufragt, in einem dunklen Rot zu glühen. Daneben glänzt bald eine goldene Himmelsantenne im Licht.
Der Buchladen, der die Bibliothek Peter Gentes verkauft, findet sich in einer Seitenstraße zwischen Cannabiszüchterei hinter klimatisierten Scheiben und dicken, schweigsamen Fröschen, die in Bottichen ihrer Verwendung entgegen harren.
Die Bände, die noch verfügbar sind, füllen drei Regale. Einige Buchrücken sind stark vom Sonnenlicht ausgebleicht, beziehungsweise im Falle von zwei Ausgaben der Mille Plateaux: gebräunt (Papier kriegt keinen Sonnenbrand). In die werthaltigen Exemplare hat der vormalige Erstbesitzer seinen Namen, dazu den Monat und eine Jahreszahl geschrieben. Handschrift eines Deutschen. In der Erstausgabe des Anti-Ödipus steht Heidi.
Die Einschreibungen sind mit Bleistift gemacht. Die thailändische Antiquarin hat ebenfalls mit Bleistift an der üblichen Stelle einen Preis festgeschrieben. Wozu die Einschreibungen und Datierungen Peter Gentes dienen sollten, bleibt unklar. Ob es Ex Librisae sind, Archiv-Vermerke, Autographen?
Die Katze der Antiquarin heißt, so erklärt diese auf Anfrage: «Föhj Eton». Hier hat er sich unmissverständlich verewigt.