20.03.
Ärzte sind die neuen Matratzen.
Gestern betrat ich im Rahmen dieser Quest, die ich mir tatsächlich als Betandteil eines Video Games einrede, die Praxis einer Frau hier in der Umgebung. Und schon zu Beginn ihrer Sprechzeit hatte ich das Gefühl, wider Willen zur Komparserie eines alten Defa-Movies rekrutiert worden zu sein.
Alte, wirklich gebrechlich gewordene Mitmenschen versuchten, teils auch erfolgreich, das mit Solidor oder ähnlichem gebeizte Treppenhaus zu stürmen, in dem sie ihre Rollatoren hart am die scharfen Kanten der Stufen setzten. Einen Aufzug, keine Ahnung, wie der in der DDR genannt wurde, gab es nicht.
Im langen Flur der Praxis waren etliche Türen, diese in ganz Berlin klassischen, hohen Altbautüren zu sehen, deren Innenseite jeweils recht grob aber sorgfältig mit bräunlichem Kunstleder auf schalldicht bespannt worden war. Mit goldfarbenen Nägeln, Roman.
Die durch diese Zimmer tatsächlich flüchtende Ärztin rief «Oh, jetzt wird es aber allmählich zu voll» — dabei hatte ihre Sprechstunde noch nicht begonnen.
Und in Kingston saßen wir eines Nachmittages mit einem Veteranen zusammen, der uns von den Anfangstagen des jamaikanischen Radios erzählte: Ursprünglich gab es dort keine Sender, sondern Speaker Boxes, die mit Kabeln von den Studios bis in die hintersten Winkel der Insel verbunden waren. Man konnte die Kanäle nicht wechseln, es gab nur einen einzigen. Den man anschalten konnte oder -aus.
In dieser Arztpraxis jedenfalls musste ich unwillkürlich an Angela Merkel denken und an diesen von mir als unerträglich enpfundenen Jargon des Tja.