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4.10.

4.10.

Sich die Welt ein wenig enger um
die Schultern legen: Auch dass ich die Fenster jetzt seltener aufstoßen will, kündet vom Herbst. Und verändert die Akustik, es wird heimelig. Ich lausche dem Knistern der Schaumblasen die auf dem Spülschwamm zergehen.

In den vergangenen Tagen, als es noch warm und sonnig war, musste ich die Fenster aus anderem Grunde geschlossen halten. Zusätzlich zu der chronisch gewordenen Großbaustelle auf dem Sträßle vor dem Haus, wurde auch die grüne Welt der Hinterhöfe von einem Geräuschherd im
Griff gehalten; ein Heulton knapp oberhalb der Wahrnehmungsschwelle, lasch, unambitioniert aber anhaltend. Und von daher besonders unangenehm.

Am dritten Tag dieses unbotmäßigen Lärmens machte ich mich auf in diese grüne Welt hinter den Häusern, um den Herd des Heultönens aufzuspüren.

Bald schon fand ich dort einen dicken Alten, offenbar ein Mieter aus den Genossenschaftshäusern, der dort mit einem ausrangierten Grundschülertisch und einem Winkelschleifer in dem zum nachbarschaftlichen Plaudern gedachten Winkel aus Sitzbänken saß.

Den Strom für sein angejahrtes Hobbygerät hatte er sich mit einer Reihe von ineinandergesteckten Verlängerungskabeln aus dem Küchenfenster einer Wohnung im Erdgeschoss bis hierher ins Gebüsch unter meinem Fenster geleitet.

Wie andere sich eine Muschel ans Ohr halten, um dem Meer zu lauschen, lauschte er seit Tagen schon seinem Winkelschleifer und träumte von Arbeit.

Er war nicht unerfreut, mich zu sehen, denn auch negative Zuwendung bedeutet letztendlich Zuwendung und er hatte sich vorbereitet, wies mich auf die Gesetzeslage hin. Kaum hatte ich gesprochen, öffnete sich zudem eine Balkontüre und eine mir unbekannte ältere Frau rief ihm zu, dass er, dass auch sie selbst sich von mir «gar nichts zu sagen lassen brauchten».

Das also war mein Tag der Deutschen Einheit. Und wie war Ihrer?

Das Tagebuch des kommenden Jahres bekommt den Titel An der Bassena.

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