Zum Inhalt springen

2.5.

2.5.

Abermals war die Idee einfach: Zum 1. Mai hinaus nach Kreuzberg, um dort ein wenig durch die Straßen zu spazieren; ein wenig von der revolutionär aufgeheizten Atmosphäre einzusaugen.

Schon auf dem Weg dorthin begann ich diese Idee, die doch meine eigene gewesen war — jetzt nicht länger —, zu hassen. In Friedrichshain, im Vorraum der Krawalle, betrug die Wartezeit auf einen Bagel («Everything» mit Jalapeño Schmear) schon «35 Minutes».

Ich frage «Why?», der Barista sagte «Dude…».

Ein Phänomen übrigens, hoffentlich rein auf das Berliner Stadtgebiet und seinen Kulturraum begrenzt, das mir neulich erst bei Obi auf unangenehmste Weise aufgefallen war: Grober Unmut der Arbeitenden, der sich in schroffer Behandlung des König Kunden (mir) äußert.

In Kreuzberg hingegen zeigten die Zeichen dann ganz und gar nicht auf Revolution. Im Gegenteil, es ging dort vom Prinzip her genau so zu wie in Werder zum Baumblütenfest. Bastian, mit dem ich zusammen mit hunderten anderen Maifestbesuchern durch die Adalbertstraße zum Kunsthaus Bethanien ging, war eingefallen, dass es vom Look and Feel zuging wie auf einer Beerdigung. Zumindest war es eine Prozession. Doch was wurde hier eigentlich zu Grabe getragen?

Eat Lipstick hieß die Band, die hinter dem Mariannenplatz, der voller Raver war, ihren Auftritt hatte. Das Genre war Vintage Punkrock, die männlichen Mitglieder der Band flirteten — stilistisch — mit dem Appeal von Transpersonen und trugen Perücken; zu ihrem Smasher «Dressed To Kill» zog ein korpulenter Tänzer sein rotes Spaghettiträgerkleid bis auf den ebenso roten Tangaslip aus; die Bassistin hingegen war weder kurzhaarig, noch hatte sie sich geschminkt. Insgesamt aber stimmte hier der Vibe.

Unbehelligt von den um etliche Stände der Partei Die Linke und andere, an denen ungarische Langos verkauft wurden, umherpogenden Kuttenträgern steuerte ein Greis seinen Elektro-BMW mit geöffnetem Verdeck in Richtung Amazon-Tower.

Am Engelbecken, erzählte Bastian, hätte er beinahe einst eine Wohnung gemietet. Das Haus lag zu dieser frühen Nachmittagssonne schon vollends im Schatten. Auf einer Brücke tanzten sehr viele Menschen zu einem Remix von Smells Like Teen Spirit. Das Kommunikationsteam der Polizei stand bereit. Gin Tonic war ausverkauft.

Weiterlesen