14.1.
Im republikanischen Kalender ist heute Tag der Katze. Es ist sechs Jahre her (oder fünf?), als ich hier ein ganzes Jahr unter Year of the Cat geschrieben habe.
Post von Gracq, gerade rechtzeitig: «Noch einmal zur Kiefer: von unten gesehen bildet kein Teil des Baumkleides eine Masse oder einen Schild; jede Nadel, jeder Zweig hebt sich vom Himmel ab, ohne dem Auge auch nur den geringsten Eindruck von Abstufung oder Tiefe zu geben, als wäre es ein zartes, flaches Flechtwerk. Betrachtet man sie ganz nahe am Stamm stehend, mit zurückgeworfenem Kopf, formt das Geäst, das stets zum größten Teil aus trockenen und abgebrochenen Zweigen besteht (alle Stümpfe der alten, unteren Äste stehen rechtwinklig vom Stamm ab wie die Stange eines Papageis), ein Geflecht gebogener Winkel, das sehr stark an die Graphik chinesischer Schriftzeichen erinnert; sie ist der Baum der Zeichner, nicht eines Malers, eines Liebhabers des aussdrucksstarken, leicht manirierten Striches; wie gut ist doch zu verstehen, dass Japaner und Chinesen bis zum Überdruss diese trockene und hölzerne Eleganz abgebildet haben, bei der das Blatt überall zum Zweig, das Geäst zum Skelett wird und die dem tintegetränkten Pinsel ein Zeichen geheimen Einverständnisses zu geben scheint.»
Die Liebe zum Wald, zu den Bäumen ist nicht Bestandteil des erworbenen Geschmacks wie Austern oder Rinderbraten. Der Kiefernwald ist wie Musik.
In Köln, als wir in der Alten Metzgerei beisammen saßen, ging es mit Thomas unverhofft um den Moment, als man als junger Mann zum ersten Mal auf ein Konzert gekommen war. Auf sein Konzert, das Konzert des Musikers, der Band, die man als insgeheim betrachten wollte. Die zu einem sang (und sprach) mit ihren Liedern. Und wie man schließlich dort eintrat, bei sogenanntem Putzlicht, in den viel zu grell erleuchteten Saal: jedes kleinste Detail, auch das noch so willkürlich erscheinende, hatte nun Sinn bekommen. Alles sollte, so kam es einem dann vor: darauf hinweisen. Auf den Auftritt des Ersehnten. Und wenn dann erst das Licht im Saal erloschen war und die Bühne festlich erstrahlte…
Im Waldgefühl hat sich eine Form dieser Ehrfurcht gebietenden Halle für mich konserviert. Und im Studio war es dann für mich tatsächlich wie der Gesang eines Vogels gewesen, dass Thomas die Single von Marlene Dietrich aufgelegt hat. Überraschenderweise. Alles wurde still, ganz Ohr, wie es heißt. Wir lauschten.
Die Aufnahme der Sendung findet sich hier.