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20.12.

20.12.

Christoph Narholz, dessen Erzählungen ich bislang noch nicht gelesen habe, zeigt jetzt auf Instagram ausgewählte Seiten aus seinen Tagebüchern. Anfänglich in Beiträgen, die jeweils die Abbildung eines von ihm handschriftlich niedergelegten Eintrags zeigten, darunter, in dem für Bildunterschriften vorgesehen Textfeld, die Übertragung in Maschinenschrift. Ich mochte die Handschrift nicht.

Mittlerweile zeigt er in den Storys seines Accounts jeden Tag ein Transkript und lässt die Faksimile-Optik weg, unterlegt aber die Textfelder mit einem Raster, um abermals eine Atmosphäre der Literaturwissenschaftlichket zu erzeugen. Da frage ich mich, mit Walter Kempowski in Anbetracht seiner von Marianne ihm vorenthaltenen Vanillesoße: Was soll das!

Beim Blutspenden in einer leidlich dekorierten Kemenate der Blutbank Mitte wird mir die Kanüle von einer Frau gesetzt, die tatsächlich nur die Worte rechts und links kennt. Das fällt mir aber erst auf, als sie meine Ausführungen die längste Zeit nur schweigend und mit gütigem Lächeln hingenommen hat. An einem Punkt meiner Rede wirkte diese freundliche Miene dann seltsam deplatziert, zunächst dachte ich, sie könnte womöglich gehörlos sein. Dann aber fiel es mir ein: sprachlos könnte die noch naheliegendere Alternative sein.

Ich im Juni im Refaktorium mit den Dänen. Aber selbst das konnte ich der Sprachlosen nicht erzählen wie zum Trost (den sie ja gar nicht benötigte, dafür ich?)

Die Blutbank selbst befindet sich im Einkaufszentrum Alexa. Als ich dort auf die weiten Flure trat, war ich allein. Nur im ersten Stockwerk, ich sah das von sehr, sehr weit oben, hielt sich eine winzige Gestalt über das Zahlenfeld eines Geldautomaten gebeugt. In der anderen Hand das winzige Light panel des Telefons, von dem die Sicherheitsnummer abgelesen wurde. In meiner Hand das Licht, um all das zu fotografieren. Und damit aufzubewahren für eine andere Zeit.

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