15.02.
Bei leichtem Schneefall verließ ich kurz nach 8 Uhr die Stadt in Richtung der polnischen Grenze. Im Gegensatz zu der vorletzten Reise, die Christian Kracht in 1979 beschreibt, wenn der Handelnde bei ihm zunächst im Flugzeug, dann im Zug, dann auf einem Maultier und danach selbst zu Fuß dem gedachten Ziel entgegen strebt, wachsen die Transportmittel nach Brandenburg in, so gesehen, umgekehrtem Sinn: Straßenbahn, S-Bahn, Regionalbahn. Schon war ich dort.
Dazwischen freilich Aufenthalte. Und damit auch Gelegenheit, sich umzuschauen. Gerade bei diesem Wetter, die BVG verwendet in ihren Verspätungsmeldungen derzeit den beinahe antik anmutenden Begriff von der Witterung, um ihr Fehlen mit uraltem Schicksal zu verblenden, habe ich den Eindruck, dass man hier längst in der russischen Föderation sich befindet. Die Stiefel, die Gesichter und Mützen. Tabak.
Stil ist Sauerstoff, sagt Roland Barthes. Im Einkaufscenter, das von seiner Bauform her zugleich an einen Bungalow und an ein Jagdschloss aus dem Ventunocento erinnert, gehen die Leute paarweise in Fleck-, auch Wüstentarn gekleidet zum vorgezogenen Mittagessen. Andere Gaststätten gibt es in dem Ort, der weitflächig ist, zugleich aber klein, nicht mehr.
Als ich vor zehn Jahren damit angefangen habe, dieses Tagebuch zu schreiben, hat mich nach der ersten Unbefangenheit bald die Frage beschäftigt, wie ich das hinbekommen könnte: Die Form des täglichen Schreibens zu bedienen, ohne in die Rollenprosa zu fallen. Falls ich, beispielsweise bei leichtem Schneefall kurz nach 8 Uhr die Stadt in Richtung der polnischen Grenze verlassen müsste im Text. Denn die Tagebücher, die ich gelesen hatte und die ich noch immer lese, sind ja alle so. Sprachlich. Oder so ähnlich. Zumindest im Auge des Lesers.
Werden oder wurden dazu unter der darüber verstreichenden Zeit. Das Einkaufszentrum, so stand es in blauen Lettern auf gelbem Grund an der Brustwehr, hieß Habedank.