14.10.
Über Nacht nach Frankfurt verbracht, vom Gartenrotschwänzchen aus der Mittagsruhe geweckt. Sein silbriger Gesang steigt auf aus einem breiten Band aus aufstrebenden Wassertrieben, auf die ich aus dem vierten Stock der Allee herabschauen kann wie auf einen Strom, der die Lücke bis zu den Fassaden der gegenüberliegenden Seite, dem Ufer in diesem Bild meiner Vorstellung, so vollkommen auszufüllen scheint wie eine Erinnerung.
Auf der Straße geht es sanft bergab. Ich erkenne alles wieder. Man lebt nie in einer anderen Stadt, man bewohnt lediglich einen anderen Teil und kehrt fortan selten nur noch in jenen zurück, den man verlassen musste. Alles, was ich in Frankfurt zurückgelassen habe, ist noch immer da.
Im Garten des Liebighauses fallen die Kastanien in loser Folge auf das Blech der Tische.
Ihre Eingriffe in die ständige Ausstellung dort hat Isa Genzken radikal aus einer Position der Unterlegenheit entwickelt. So scheint es mir. Im Ganzen kommt es mir wie eine blöde Idee vor. Die Aura jeder einzelnen, auch noch so kleinen Büste aus der Sammlung löscht die zeitgenössische Schöpfung mit unerbittlich brummender Strahlung aus. Selbst die mit den christlichen Motiven haben eine um das zigfache stärkere Anziehungskraft. Bloss in dem einen Raum, indem die überlange und zudem senkrecht ausgerichtete Antenne eines ihrer Betonradios zum unerreichbar fernen Oberlicht weist, bekam ich so etwas wie Reibung zu spüren. Eventuell lag das aber an einem UV-Strahl, der, von droben her, den Chrom zum Blitzen brachte.
Draußen schien die Sonne. Unermüdlich fielen die Kastanien. Zwanzig Minuten auf der Berger Strasse mit dem Skin-Treat-Smoothie aus dem Elaine’s sind für mich unterhaltsamer als dreieinhalb Jahre Berlin.