Zum Inhalt springen

06.03.

06.03.

Zwei Afrikaner in bunten Jacken und Sonnenbrillen entsteigen einer schwarzen Limousine mit diplomatischer Kennzeichnung und gehen, breit Kaugummi kauend der eine, auf das Verwaltungsgebäude der Wohnungsbaugenossenschaft zu. Warum interessiert mich das? Was an dieser Begebenheit, deren Augenzeuge ich im Vorübergehen zufällig geworden bin, fasziniert mich?

Unser Gehirn, las ich auf der Wissenschaftsseite, wurde im Laufe der Evolution nicht einfach hochskaliert von dem eines Nagetiers; es hat auch zusätzliche Fähigkeiten. Welche genau, bliebt vage, da man die Fähigkeiten der Maus nur im Grobstofflichen erforscht hat. Kann die Maus erzählen? Also sich selbst etwas? Besitzt sie ein autobiographisches Bewusstsein?

In den Altersnotizen von Hermann Lenz, die ich bei dem Antiquar in Halensee abholen durfte, steht im Faksimile der letzte Eintrag von seiner Hand: «In meinen autobiographischen Büchern habe ich die innere Sphäre neben der äußeren dargestellt.»

Kann die Maus vom «Nebendraußen» auf sich selbst schauen? Sich selbst in einen Zusammenhang bringen von innerer und äußerer Sphäre?

Ich hatte, bevor ich in dem Band mit den Alternotizen las, doch keine Ahnung, wie schlecht es Hermann Lenz zuletzt ergangen ist. Es gibt den erschütternden Bericht einer Begebenheit, da soll er im Garten spazierengehen, während seine Frau im Park ausschreiten geht. Er selbst ist da durch die Herzkrankheit schon zu geschwächt, um noch wirklich zu gehen. Nach einer Weile aber muss er feststellen, dass er sich ausgeschlossen hat. Mit schwindenden Kräften zieht er sich in einen Brennholzverschlag zurück und versucht in einem alten Sessel, eingehüllt in eine Decke, dort so lange zu überleben, bis seine Frau zurückgekehrt ist.

Aber in der Verlangsamung und Lähmung läuft das Gedankliche unbremsbar fort.

Weiterlesen