05.04.
Erstaunlich, überraschend auch, wie rasch ich mich auf solchen Rundreisen an die unterschiedlichen Behausungen gewöhnen kann. Ich stehe ja auch dort zumeist im Dunklen auf.
Auf Sylt waren wir im Atombunker hinter einem größeren Anwesen untergebracht — komplett mit Reetdach und Sauna und Muscheln auf die Rahmen der Spiegel geklebt, hier hausen wir, wortwörtlich, unter dem Dach auf einer extrem gestalteten Fläche, die mich gerade in der Dunkelheit fordert wie ein Persönlichkeitstest.
Die von Hölzern und diversen Steinarten verkleidete Fläche des Dachgeschosses in diesem, auf wunderschöne Weise alten, Haus ist, wie man es von alten Vexierbildern kennt, lediglich auf vermeintliche Art eben. Ein fantasievoller Schreiner hat hier oft überraschende Einschnitte vorgenommen. Beispielsweise befindet sich die Küche, die man beim Betreten der Wohnubg durch eine Luke im Fußboden auch beim genaueren Hinsehen noch nicht zu entdecken können glaubt, in einer Conversation Pit versenkt. Diese Absenkung geschieht aber mitten im Verlauf des Raumes und, vermutlich am natürlichen Vorkommen von Treibsand geschult, auch dazu noch an einer Stelle, wo die Aufmerksamkeit des in diesem vielfach zersägten Raum Navigierenden auf zumindest eine andere Weise gebunden wird. Zudem ja, wie in beinahe jedem anderen Dachgeschoss auch, der dem Fußboden entgegengesetzte Teil der Verwinkelten Dachkonstruktion ebenfalls Vorsicht und Aufmerksamkeit erfordert.
Auch Treppenstufen sind hier an mehreren Stellen wie es scheint: übergangslos aus dem chaotischen Verlegeplan diversester Parkettsorten herausgearbeitet, beziehungsweise entsteht der Eindruck, sie führten eine Art von Eigenleben mit feindseligen Absichten. Der ganze Apparat eine Fusion von Michael Endes Änderhaus und Takeshis Castle.
Abends zog ich zur Lektüre einen stark beriebenen Band von C. G. Jung aus dem schönen Regal. Die Hausherrin hatte beinahe jeden Satz mit roten Kugelschreibern doppelt unterstrichen.
Ich liebe Airbnb.