Zum Inhalt springen

12.06.

12.06.

Mit Alexander ins Hinterland von Eberswalde. Wo die Leute, man glaubt es kaum, in ihren Vorgärten die AfD-Flagge gehisst hatten. Die Zeit der Heuchler ist vorbei (und ihrer Tyrannei): Der Osten ist blau.

Ein nicht unbedingt neues, ein anderes Selbstbewusstsein ist den Entgegenkommenden anzumerken. Eine Frau im selben Alter, sie trägt die für diese Gegend typische Lederjacke, schlägt mir ihren Unterarm in die Nieren. Beiläufig. Im Vorübergehen. Einfach so.

Jetzt muss sich keiner mehr zusammenreissen. Anything goes.

Vom Oberdeck des Schiffshebewerks geht der Blick weit über das Oderbruch. Die unter anderen von den Gebrüdern Brett besungene Landschaft ist vor allem flach. Und wie in einem Gemälde der Gebrüder Breughel meine ich vereinzelt zarte Rauchsäulen in ihrem Aufsteigen begriffen zu erkennen aus den zierlichen Schloten der mit Oderbruchgrashalmbündeln gedeckten Hütten, die es freilich selbst hier schon längst nicht mehr gibt.

Das Oderbruch galt früher in Ostberlin als mystischer Kraftquell der schöpferisch Tätigen. Judith Herrmann zog sich hierher zurück. Das LSD-Kollektiv, Tacheles, Bert Neumann. Frank Castorf hat hier Medea gedreht.

All diese Namen sind schon beinahe unleserlich geworden, verweht. Jetzt, in einem Hermann Lenz Sinne: ist eine Neue Zeit.

Im Regensturm grüßen mich Postboten — Wir sind gleich.

Weiterlesen