Zum Inhalt springen

01.06.

01.06.

Noch immer weiß ich nicht, um wen wir trauern, wenn wir trauern. Am offenen Grab: Ist es der, der uns fehlen wird, dessen Lücke, die er hinterlässt, ihn vollkommen ersetzen wird? Sind es wir selbst. Ich in dem Fall, Du?

Letzteres, glaube ich. Davon zeugen doch die schönen Skulpturen, der nachdenklichen Engel oder die unbeflügelten Frauen (nie sind es Männer!), die auf den Friedhöfen, die es wert sind, besucht zu werden als Parks, Moos ansetzen.

Manchmal denke ich, dass ich in meinem Leben mehr getrauert habe als das Gegenteil davon. Ich kenne das Gegenteil übrigens nicht!

Heute früh fiel mir ein, ging mir auf, dass es vielleicht ja das einzige war, dass ich gelernt habe in meinem Leben so far (vom Degree in Streetology abgesehen): Dass ich nicht allen helfen kann. Dass es einfach nicht geht. Gar nicht vom Kräftehaushalt her, der ja, wie Beuys es ausdrücken wollte: ernährt, sondern weil es auch hoffnungsarme Fälle gibt. Solche vielleicht, die es noch nicht einsehen können, dass Trauer ein Prozess ist. Die sich weigern. Die der sanften Gewalt, die Kafka mit der Strafkolonie so unnachahmlich beschrieben hat, gerne ausweichen würden. Doch der Filzzapfen naht.

Und die Belohnung steht aus, sie wird kommen. Ebenso garantiert. Ein neuer Mensch bist Du.

Dann wirst Du Will Oldham hören können, ganz ruhig, in Frieden. I Can See A Darkness wird keine Aufforderung mehr sein, bloß noch Melodie. Ein Lied.

All dies hätte ich meiner Mutter gern erzählt, aber sie ist in Denial. A Denial, A Denial! Wie im April 1994. Als ich ihr kleiner Junge war.

Strange Days indeed

Weiterlesen