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7.6.

7.6.

Als Bücherlesender wird man mittlerweile auch zu den Kuriositäten gezählt. Allerdings ohne Potenzial zum Conversation Piece. Im Grunde so, wie sich die Großen Lesenden vor mir ihre Splendid Isolation erträumt: Bloß ohne die Pflicht, sich für das Abseitige begeistern zu müssen (Brockes, Hackländer, Klopstock ykts). Lediglich dadurch.

Am Nachmittag, man saß gemeutlich über der Havel vor dem Blockhaus, erhielt ich gar einen Tipp vom Bundeskanzler — zwar nicht von ihm selbst, doch immerhin als Zitat: «Nie im Liegen lesen». Für mich beinahe schon das neue Alten Tee in Blumen gießen; unheimlich nah.

Und in den neunziger Jahren, als Karin Graf mich zum ersten Mal in ihre imposante Bibliothek geführt hatte, sprach sie von «idealen Räumlichkeiten für eine lesende Person».

Sie, damals schon.

Wohingegen die Backshopverkäuferin, offenbar von meiner Bestellung verwirrt, beziehungsweise von der Sprache, in der ich sie vorgebracht, meiner, mir plinkernde Augenaufschläge zeigte. Aber man muss aufpassen (ich in dem Fall), im Alltag, währenddessen man sich in historischer Lektüre befindet: Was 1971/72 und 1989—99 noch angehen mochte, geht mittlerweile halt nimmermehr.

«Schau‘ Dir doch mal den Bio-Ingwer an: Wie glatt, wie wenig runzlig, wie saftig der ist», spricht der Marktleiter es vor seiner Auszubildenden in den Raum.

Und wenn es doch Liebe

Nicht das Leben ist, das

Die besten Geschichten schreibt

Noch immer der Supermarkt.

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