3.7.
Im Vorbeifahren war mir dort auf Höhe des Brocken ein Schild aufgefallen, das für ein Gehege mit Waldkatzen warb. Die ebenfalls damit beworbene sogenannte Baude mit Bratwürstchen hatte allerdings seit längerem schon geschlossen.
Ein extrem ausgeruht wirkender Waldkatzenreservatsleiter klärte die kleine Runde von Interessierten zur Situation dieser seltenen Tiere auf: In ganz Europa, dem angestammten Revier der Felis silvestris, findet man sie heute lediglich noch in kleinen Mengen in Spanien und eben hier, in Thüringen und im niedersächsischen Teil Westdeutschlands. Die deutsche Population der vom Aussterben bedrohten Art wird auf ungefähr 9000 Exemplare geschätzt. Und während er seinen stellenweise launigen Text vortrug, legte er der bis dahin noch nicht in Erscheinung getretenen Vorzeigewaldkatze einige blaßgelbe Küken, die auf mich zudem durchnässt wirkten, auf einem abgesägten Baumstamm aus, der sich inmitten ihres Geheges befand.
Einige Augenblicke später kam die Katze aus ihrem Versteck, das sich unweit des Baumstammes unter Treppenstufen befunden hatte, hervor ans Licht dieses Tages.
Man hatte sich die Waldkatze größer vorgestellt. Auch wilder. Sie war geradezu zierlich, auch kaum gefärbt, beinahe blond. Sehr kleiner Kopf. Das noch viel kleinere und gelbere, wie gesagt pitschnasse Küken vertilgte sie mit Bedacht. Beinahe anmutig.
Dass eine der wenigen noch lebenden Waldkatzen hier in einem Käfig inmitten des schon verstorbenen Harz-Waldes einen ungeschlüpften Hahn serviert bekam, während ringsum die Schellenbäume des Fingerhuts in ihren schrillsten Fuchsientönen bimmelten, gab dem Gesamtbild der Lage etwas Apartes, es war noch nicht Kunst, aber schon camp.
Am Ausgang verlangten dafür einige der Zuschauer nach den Waldkatzen aus Plüsch, Stückpreis 10 Euro.